Stahl und so ...

 

"Hier wird man ja bekloppt ..."

 

...ist wohl eine der geläufigsten Formulierungen, wenn einem alles über den Kopf wächst, in der Weltbetrachtung, bei der Arbeit, vielleicht auch im Urlaub oder in der Beziehung.

 

Vermutlich hat jeder seinen Ort zum "bekloppt werden", einige unter uns vielleicht gleich mehrere, was im so möglichen Quervergleich einer Lösungsfindung sogar förderlich sein kann.

 

Zur Betrachtung: Ein völlig aus der gewohnten Symmetrie und Rechtwinkligkeit geratener Raum verfügt zwar über ein Fenster an jeder Seite und lässt den Blick in alle Richtungen zu, jedoch findet der darin Weilende nicht die Koordinaten, die ihm üblicherweise Halt und Orientierung geben, und die Gestalten um ihn herum und über ihm werden ihm zudem wenig hilfreich sein.

Viele Deutungen sind möglich, und ein jeder mag seinen Ort "zum bekloppt werden" auf das Werk projizieren, und wird dabei mit etwas Phantasie den merkwürdigen Wesen bestimmte Rollen zuweisen, was so aussehen könnte:

 

 

  

Die Verführung wartet gleich oben als schleichende Schlange, hinter ihr der Teufel als wohl geläufigste Verkörperung des Bösen schlechthin.

 

Im Fenster ein Stier mit gewaltigen aber klobig deformierten Hörnern, die nur der Gewalt zu dienen scheinen.

 Darüber ein taumelndes Hörnerwesen, das offenbar seine Orientierung dem blinden Konsum geopfert hat und nicht mehr weiß, wo ober und unten ist.

 Ein kleiner Rabe mit bescheidener Kopfbedeckung bleibt als Denker und  Mahner scheinbar ungehört und unbeachtet.

 

Stolz und Hochmut verkörpert ein im nächsten Fenster stehendes Pferd mit überzogen anmutendem Kopfschmuck. Ein "Scheinheiliger" ergeht sich derweilen in akrobatischen Turnübungen, und einem Krokodil daneben steht die Gier nach allem vertilgbaren ins Gesicht geschrieben.

 

Eine Vielzahl von ineinandergreifenden Zahnrädern verstellt das hintere Fenster, und man scheint gefangen

in der Welt der eigenen Technik- und Fortschrittsgläubigkeit.

Soll man wirklich alles tun, nur weil man es kann ?

 

Darüber lauert die Hinterlist in Gestalt eines eigentümlichen Wesens mit langem Stechrüssel.

 

Das letzte Fenster füllt ein großes Tier mit gleich zwei unterschiedlichen Hörnerpaaren und einem bedrohlichen zangenartigen Beißinstrument nahezu aus. Dabei fehlen dem Wesen die Augen, und es lässt an das kalte Gesicht des Krieges denken, an Drohneneinsatz und an Handeltreibende, die den Krieg erst möglich machen und in deren Interesse er überhaupt geführt wird.

 

Was soll man tun mit einem Raum, der uns "bekloppt" macht ? 

 

Man könnte sich ja etwas anderes suchen ... oder einfach anfangen aufzuräumen, zunächst ein wenig, dann nach und nach mehr, und jeder so wie er kann, und jeder an seinem Platz ...

 

...damit wir nicht am Ende noch "bekloppt" werden.

 

 

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3 Nestflüchter u. Angelika
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